Das richtige Heu, insbesondere für Hufrehepferde!

Das richtige Heu, insbesondere für Hufrehepferde! 

Die Qualität des Heus ist entscheidend für die Gesundheit der Pferde. So spielen unter anderem der Schnitt, die Art der Lagerung
oder die Lagerungszeit eine große Rolle. Hufrehepferde haben allerdings noch höhere Ansprüche an das Heu.

Falsches Heu, falsche Lagerung oder eine zu geringe Lagerungszeit kann wesentlich zur Verschlechterung der Erkrankung bzw.
des Zustandes beitragen, denn Hufrehe selbst ist nicht die Erkrankung, sondern das Symptom.

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Im folgenden Artikel soll besonders auf wichtige Regeln bei der Heufütterung von Hufrehepferden eingegangen werden.
Welche Rolle spielt der Schnittzeitpunkt? Wieso ist nur der erste Schnitt für Hufrehepferde geeignet oder warum darf die
Heulagerung nicht zu kurz sein?

Zur Einführung in das Thema soll zunächst ganz allgemein das Verdauungssystem von Pferden erläutert werden.
 

Das Verdauungssystem der Pferde

Das Verdauungssystem der Pferde ist an ihren ursprünglichen Lebensraum angepasst. Von Beginn an waren Pferde Steppenbewohner.
Da in der Steppe eher kohlenhydrat- und eiweißarme Gräser wachsen, ist der Verdauungstrakt der Pferde auf eine langsame Verdauung
angelegt. Die Steppengräser besitzen eine ausgeprägte Faserstruktur, die nur mithilfe von bestimmten Bakterien aufgebrochen werden
kann. Ohne diese Bakterien wäre das Gras für die Pferde also unverdaulich.
Die richtige Darmflora sorgt dafür, dass die Pferde aus diesen kohlehydrat- und eiweißarmen Gräsern trotzdem mit hochwertigen
Nährstoffen versorgt werden können.

Kohlehydrat- und eiweißreiche Gräser sind jedoch nicht so gut für das Verdauungssystem der Pferde geeignet. Langfristig können
die Pferde bei einer solchen Fütterung erkranken. In der Folge entstehen oft Erkrankungen wie EMS, das Cushingsyndrom ( ECS )
oder andere Anzeichen von Hufrehe.

 

Wie entsteht Hufrehe?

Die Hufrehe kann mehrere Ursachen haben. Die fütterungsbedingte Hufrehe steht jedoch im Vordergrund. Bei der Fütterung
von kohlehydrat- und eiweißreichem Futter kann es langfristig zur Störung der speziellen Darmflora der Pferde kommen. Dabei
vermehren sich im Darm der Pferde Streptokokken besonders durch den Abbau von Kohlehydraten explosionsartig.
Streptokokken aber erzeugen Milchsäure, die wiederum die ursprüngliche Darmflora der Pferde zerstört. Die gesunde Darmflora
wird also durch andere Mikroorganismen ersetzt, die nicht mehr zum Verdauungssystem der Pferde passen. Diese fremdartigen
Bakterien erzeugen Stoffe, die auf die Darmschleimhaut als Toxine (Endotoxine) wirken können. Diese Endotoxine gelangen
wiederum in die Blutbahn und können zur Störung der Mikrozirkulation in den Hufen führen. In der Folge kann es zur Zerstörung
der Hufe kommen.

Daher haben Hufrehepferde besondere Ansprüche an die Heuqualität. Das Heu für Hufrehepferde darf keinesfalls zu viele freie
Kohlenhydrate (Zucker) enthalten. Obwohl ein hoher Eiweißgehalt nicht einen so großen Einfluss auf die Entwicklung der Krankheit
ausübt wie früher angenommen, sollte jedoch auch der Proteingehalt nicht zu hoch sein. Daraus ergeben sich erhöhte Anforderungen
für die Herstellung des Heus.


 

Der Heuschnitt

Zur Klärung der Anforderungen an die Heuherstellung soll an dieser Stelle noch etwas zum Heuschnitt gesagt werden.
Generell werden im Jahr zwei Heuschnitte durchgeführt.

Der erste Schnitt erfolgt im Frühjahr zu Beginn bis zur Mitte der Blüte im Zeitraum ca Anfang Juni bis Mitte Juli ( der Zeitpunkt ist
immer abhängig vom Klima und kann auch schon mal früher erfolgen ). Der zweite Schnitt wird im August und September durchgeführt.

Beide Heuschnitte unterscheiden sich durch ihre unterschiedliche Qualität. Grundsätzlich kann davon ausgegangen werden, dass
der erste Schnitt für die Pferde besser geeignet ist als der Zweite. Warum ist das so?

Heu vom ersten Schnitt ist nährstoffreicher. Außerdem enthält es bei sachgemäßer Trocknung keine Giftstoffe und beim
Erntevorgang findet kaum ein Schmutzeintrag statt. Wird der erste Schnitt während der Blüte durchgeführt, ist auch die
Rohfaserstruktur ideal für die Pferde. Findet jedoch der erste Schnitt vor der Blüte statt, ist das Heu zu weich, weil die
Faserstruktur noch nicht ausgebildet ist. Nähere Erläuterungen zu den Unterschieden der Heuqualität in Abhängigkeit
vom Zeitpunkt des ersten Schnittes finden Sie im nächsten Abschnitt.

Der zweite Schnitt enthält neben den Gräsern auch andere Kräuter. Dieses Heu ist sehr zucker- und eiweißreich, aber
arm an Rohfasern. Daher ist es für Hufrehepferde weniger geeignet als Heu vom ersten Schnitt. Auch dazu finden Sie
in einem der nächsten Abschnitte nähere Erläuterungen.

 

Warum ist der späte, erste Schnitt für Hufrehepferde besser geeignet als der frühe Schnitt?

Besonders für Hufrehepferde spielt es eine große Rolle, wann der Schnitt des Heus erfolgt.

Der frühe Schnitt vor der Blüte

Wird das Gras vor der Blüte geschnitten, ist der Anteil an Proteinen sehr hoch. Der Rohfasergehalt ist jedoch noch zu niedrig.
Das ist zu wenig für die gesunde Darmflora, sodass die Toxin erzeugenden Bakterien weiterhin begünstigt werden.


Ernte während der Büte

Heu, welches während der Blüte geerntet wurde, kann bei empfindlichen Pferden zu allergischen Reaktionen führen.

Ernte nach dem Aussamen

Auch der Schnitt nach dem Aussamen kann gesundheitsschädigend sein, weil sich dann bereits Schimmelpilze gebildet haben können.

Ideal ist der späte Schnitt nach der Blüte und noch vor dem Aussamen. Zu dieser Zeit liegt der Rohfaseranteil bei ungefähr
20 Prozent und ist damit am höchsten. Der Proteingehalt ist außerdem niedrig. Die Grassamen enthalten wichtige Omega-3-Fettsäuren.

Als Fazit ergibt sich, dass der späte Schnitt für Hufrehepferde am besten geeignet ist.

 

Warum ist der zweite Schnitt nicht gut für Hufrehepferde?

Für gesunde Pferde spielt es in der Regel keine große Rolle, ob der erste oder zweite Heuschnitt geeigneter ist. Bei Hufrehepferden
ist das allerdings etwas anders. Beim zweiten Schnitt sind die Gräser kohlehydrat- und eiweißreicher. Für die Behandlung dieser Tiere
ist eine Fütterung von Heu des zweiten Schnitts daher kontraproduktiv, da besonders durch hohe Mengen an freien Kohlehydraten die
Toxin bildenden Bakterien begünstigt werden. Wesentlich besser geeignet sind für diese Tiere deshalb die Gräser des ersten Schnitts.

 

Anforderungen an die Lagerung des Heus

Allgemein gibt es für die Lagerung des Heus Folgendes zu beachten:

- Das Heu darf nicht zu nass gelagert werden, da dann die Gefahr besteht, dass sich Schimmel bildet. Schimmelpilze sind für jedes
Pferd gesundheitsgefährdend. Hufrehepferde sind jedoch noch mal in besonderer Weise vor verschimmeltem Heu zu schützen.

- Zur Verhinderung von Nässe ist das Reinregnen ins frische Heu zu vermeiden.

- Bei trockenem Wetter sollte frisch geerntetes Heu ungefähr drei bis fünf Tage zum Trocknen in der Sonne ausgebreitet werden.
Danach ist die Feuchtigkeit so gering, dass es gepresst werden kann.

- Zum Trocknen ist außerdem darauf zu achten, dass das Heu nicht direkt auf der feuchten Erde liegt. Daher ist der Schnitt von
etwa fünf bis sieben Zentimetern über der Erdoberfläche ideal. Die Trocknung erfolgt somit effektiver.

- Frisches Heu darf nicht verfüttert werden. Die Lagerung muss mindestens sechs Wochen, für Hufrehepferde jedoch idealerweise
zwölf Wochen dauern.

 

Warum sollte das Heu für Hufrehepferde idealerweise zwölf Wochen gelagert werden?

Frisches Heu enthält für Pferde gefährliche Giftstoffe, die erst während einer langen Lagerungszeit durch chemische und biologische
Prozesse abgebaut werden. In dieser Zeit entsteht verstärkt Feuchtigkeit, weswegen auch von der sogenannten Schwitzphase
gesprochen wird. In der Regel dauert die Schwitzphase sechs bis acht Wochen. Nach dieser Zeit kann das Heu an gesunde Pferde
verfüttert werden. Allgemein sind die Giftstoffe aber erst nach zwölf Wochen vollständig abgebaut, sodass Hufrehepferde doch mit
so lange gelagertem Heu gefüttert werden sollten.

Was passiert in der Lagerungsphase?

In vielen Grasarten kommt der sekundäre Pflanzenstoff Kumaringlycosid im gebundenen Zustand vor. Dieser Stoff kann in höheren
Konzentrationen Leber- und Nierenschäden beim Pferd hervorrufen. Beim Welk- und Trocknungsprozess wird Kumaringlycosid jedoch
durch Zuckerabspaltung und Reaktion mit der in der Pflanze vorkommenden Zimtsäure freigesetzt. Dadurch erhöht sich zunächst die
Konzentration von freiem Kumaringlycosid. Im weiteren Verlauf des Trocknungsprozesses wird dieses Gift jedoch unter Bildung des
ungiftigen Kumarins abgebaut. In den ersten Wochen des Nachschwitzens können sich außerdem die für Pferde extrem giftigen
Bishydroxycumarine bilden. Deren Konzentration nimmt ebenfalls innerhalb von acht Wochen ab. Völlig giftfrei und trocken ist das
Heu jedoch erst nach zwölf Wochen.

 

Einfluss des Zuckergehaltes im Heu auf Hufrehepferde

Für Hufrehepferde ist ein zu hoher Gehalt an einfachen Zuckern im Heu nicht gut. Der Zucker fördert die gefährlichen Bakterien im
Darm der Tiere, sodass der Heilungsprozess bei Hufrehe gestört werden kann.

Mittlerweile gibt es daher eine Empfehlung, das Heu vor der Fütterung von Pferden mit gestörtem Zuckerstoffwechsel in 30 bis 50 Grad
warmem Wasser auszuwaschen. Dabei wird der leicht wasserlösliche Zucker entfernt. Der Waschvorgang sollte ca. 30 Minuten dauern.
Nach Untersuchungen konnte eine 5 bis 30%ige Reduzierung des Zucker- und Fruktangehaltes festgestellt werden. Allerdings können bei
der Wässerung auch wertvolle Nährstoffe ausgewaschen werden. Weitere Forschungsergebnisse müssen zeigen, welche
Behandlungsmethoden am idealsten sind.

Neben dem Giftabbau hat die lange Lagerungszeit auch Einfluss auf den Zuckergehalt des Heus. Je länger das Heu lagert, desto weniger
Zucker enthält es, da dieser mikrobiell abgebaut wird. Lang lagerndes Heu wird auch aus diesem Grund verträglicher für Hufrehepferde.
Ein vollständiger Zuckerabbau findet jedoch nicht statt.

 

Fazit

Zur Fütterung von Hufrehepferden sollten daher folgende Anforderungen an die Herstellung des Heus gestellt werden:

- Verwendung der Gräser aus dem späten ersten Schnitt nach der Blüte und vor dem Aussamen.

- Ideale Lagerungszeit von zwölf Wochen.

- Eventuelle Reduzierung von freiem Zucker durch halbstündige Wässerung des Heus mit warmem Wasser.

- Achten auf ideale Trocknungsbedingungen, um den Verderb des Heus durch Schimmelpilzbildung zu vermeiden.

 

© Care4vet - Monika Ahrens-Fischer