Viel hilft nicht immer viel bei Vitaminen, Spurenelementen


Bei Nähr- und Zusatzstoffen hilft viel nicht immer viel

In der modernen Veterinärmedizin spielt die optimale Versorgung der Pferde mit Nährstoffen, Vitaminen, Mineralstoffen und Spurenelementen eine bedeutende Rolle. Futterergänzungsprodukte sollen Defizite ausgleichen, die durch die Haltung, das Alter und Aktivität des Pferdes entstehen können. Die Bedürfnisse des einzelnen Pferdes einzuschätzen, setzt die Kenntnis der verschiedenen Stoffwechselprozesse und deren Regulation voraus. Dabei sollte der verantwortungsvolle Halter im Auge behalten, dass nicht ein Mangel, sondern auch eine Überversorgung zu gesundheitlichen Problemen führen kann.
 

Mineralstoffe und Spurenelemente stehen sich oft im Weg

Die Bodenverhältnisse auf den Weiden, die Zusammensetzung des Grundfutters, der Gesundheitszustand des Pferdes, das Alter des Pferdes, sowie die Aktivität und der Trainingszustand der Pferde bestimmen die Notwendigkeit und die Zusammensetzung des Mineralstoffergänzungsfutters. Besonders hoher Schweißverlust durch Arbeit oder Höchstleistungen bei z.B. Trabrennen führt zum Verlust von Elektrolyten und Spurenelementen. Neben Natrium und Chlorid, geht ebenfalls Kalzium, Magnesium und Zink verloren. Bei länger anhaltendem Schweißverlust sind selbst Kupfer, Selen und Eisen betroffen. Die konkrete Situation lässt sich am besten über eine Analyse der Spurenelemente beim Pferd feststellen.

Viele Spurenelemente kommen als Bestandteil von Enzymen vor. Enzyme sind Eiweißstoffe, die wichtige Stoffwechselreaktionen in Gang setzen. Wie es der Name bereits andeutet, benötigt der Körper äußerst kleine Mengen an Spurenelementen und eine Überversorgung führt zu toxischen Effekten. Der Bereich zwischen bedarfsdeckender Menge und Überdosierung ist bei vielen sehr eng.

Kupfer ist beispielsweise in verschiedenen Enzymen vorhanden und sorgt für den Transport des Eisens und der Energiegewinnung. Es ist beteiligt an der Ausbildung der Nervenbahnen, der Pigment-, Blut- und Bindegewebsbildung. Minderversorgung führt zu Blutarmut (Anämie) und Wachstumsstörungen. Die Leber speichert Kupfer und der Dünndarm ist für die Aufnahme verantwortlich, wobei die Menge über das Angebot im Futter reguliert wird. Nicht selten findet sich genau dort auch der Gegenspieler, der die Verwertung verhindert. Solche Antagonisten sind beispielsweise Eisen, Kalzium und Molybdän. Die Toleranz gegenüber zu einem hohen Kupferangebot ist vergleichsweise hoch. Dauerhaftes Überangebot führt dennoch zu Leberschädigungen.

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Im Hormonstoffwechsel der Schilddrüse spielt Jod eine wichtige Rolle und sorgt für einen optimalen Grundumsatz. Die Grundversorgung mit Jod ist, mit Ausnahme von Gebieten mit jodarmen Böden, in den meisten Fällen gesichert. Vor einer unkontrollierten Zufuhr wird daher gewarnt. Die Schilddrüse lässt sich beim Pferd gut tasten. Im Zweifel den Tierarzt bitten, diese zu tasten. Leider gibt es noch keine aussagekräftigen Schilddrüsentests für Pferde. Das normale Blutbild kann nur eine geringe Aussage dazu treffen.

Magnesium beeinflusst den Nerven – und Muskelstoffwechsel. Im Wachstum und während der Milchproduktion der Stuten erhöht sich der Bedarf an Magnesium. Ein Überangebot zeigt keine toxischen Effekte. Magnesium zeigt jedoch Wechselwirkungen mit Kalium, Kalzium, Phosphor, Mangan und Zink und beeinflusst auf diese Weise deren Stoffwechsel.

Zink ist das zweithäufigste Spurenelement und für die Entwicklung des Skeletts, die Immunabwehr und die Haut von Bedeutung. Zink gelangt über den Dünndarm in den Körper, wobei die Aufnahme durch hohe Konzentrationen an Kupfer und Kalzium eingeschränkt wird. Zu großer Zusatz von Zink kann zu einem Kupfermangel führen. Besonders Fohlen können dann unter Störungen in der Knochenbildung (Osteochondrosen) und Bewegungseinschränkung der Sehnen (Sehnenkontraktur) leiden.

Selen gerät immer wieder in Diskussionen, weil es ein wichtiges Element ist und in der richtigen Dosierung seine Aufgaben beim Schutz der Zellmembranen gegen Oxidation sowie in der Immunabwehr und während der Fortpflanzung erfüllt. Besonders Fohlen zeigen oftmals bei einer Unterversorgung Muskelschwäche und sind vom Sterben bedroht. Fruchtbarkeitsstörungen können ebenfalls durch Selenmangel verursacht sein. Heu und Hafer allein decken in der Regel den Bedarf nicht. Lecksteine können für Abhilfe sorgen. Allerdings tolerieren Pferde sehr wenig ein Überangebot. Es kann sehr rasch zu Vergiftungserscheinungen führen. Als Folge können sich an den Hufen Einschnürungen bilden, Haarverlust tritt auf und Kolik artige Schmerzen quälen das Pferd. Wir raten daher ab, diese Minerallecksteine zu nutzen und empfehlen eine gezielte Zufuhr. Als Lecksteine sollten die Pferde reine Salzlecksteine zur Verfügung gestellt bekommen.

Die Manganzufuhr sollte durch die Gabe von Grünfutter und Heu bei ausreichender Qualität gesichert sein. Luzerne enthält weniger Mangan. Nur eine Monoversorgung mit Luzerne führt zu Mangelerscheinungen, wie beeinträchtigte Fortpflanzungsfähigkeit. Zu große Mengen Mangan beeinträchtigen den Eisenstoffwechsel.

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Abb. Mineralstoff- und Spurenelement-Interaktionen (WIESNER 1970)

Bei einem gezielten Futterangebot, guter Heuqualität und einer artenreichen Weidefläche treten in der Praxis kaum Probleme in der Versorgung mit Spurenelementen auf. Ausreichend sind in der Regel die Gehalte von Eisen, Mangan, Kupfer, Jod sowie mit wenigen Ausnahmen Zink. Für einige Spurenelemente ist der Bedarf noch nicht hinreichend bekannt. Zu ihnen gehört Molybdän.

Für die zusätzliche Fütterung werden anorganische oder organische Mineralien eingesetzt. Angesichts der anorganischen Herkunft ist der Begriff organisch irritierend. Gemeint ist die Verknüpfung des Mineral- beziehungsweise Spurenelements mit einem organischen Molekül, einer Komplexverbindung, meist Aminosäuren. Sie werden Chelate genannt. Für die organischen Verbindungen wurde eine bessere Bioverfügbarkeit ermittelt, die im Falle von Zinkchelat beispielsweise bei etwa 80 bis 95 Prozent liegt. Sie resultiert aus der Tatsache, dass die entsprechenden Chelate leichter resorbiert werden und schließlich leichter an ihren Wirkort gelangen. Erst 2013 wurde auf einer wissenschaftlichen Konferenz* erneut bestätigt, dass organische Verbindungen den anorganisch gebundenen Spurenelementen und Mineralien überlegen sind. Neben der höheren Bioverfügbarkeit betrifft das zusätzlich das Ausmaß an unerwünschten Wechselwirkungen. Sie sind bei organischen Produkten geringer.
 

B –Vitamine: Angebot und Nachfrage

Der Vitamin B Komplex spielt für den Stoffwechsel des Pferdes eine bedeutende Rolle und ist an vielen Stoffwechselfunktionen beteiligt.

Mangelzustände werden z.B. bei kranken, alten oder geschwächten Pferden erlebt. Sie zeigen sich als nervöses Verhalten, Appetitlosigkeit, Leistungsschwäche, ungenügende Futterverwertung und Schäden der Haut (Ekzeme) und des Gewebes. Situationen, wo eine Zufütterung angezeigt ist, entstehen bei Einschränkungen der Darmfunktion, bestimmten Medikamenten oder z.B. extremer Belastung bei Sportpferden. Ein Mehrangebot an B Vitaminen wird gut vertragen und stellt eher kein Problem dar.

Zu den B Vitaminen gehören Thiamin (Vitamin B1), Riboflavin (Vitamin B2), Nicotinsäure (Vitamin B3), Panthotensäure (Vitamin B5), Pyridoxin (Vitamin B6) und Cobalamin (Vitamin B12). Darüber hinaus gehören Biotin (Vitamin B7 oder H) und Folsäure (Vitamin B9 oder M) gleichfalls in diese Gruppe. Da diese Vitamine wasserlöslich sind, können sie problemlos dem Futter zugesetzt werden. Sie entfalten ohne weitere Zusätze ihre volle Wirksamkeit. Diese Vitamine können mit Ausnahme von Vitamin B12 nicht gespeichert werden und müssen daher mit dem Futter aufgenommen werden. Durchfallerkrankungen bei mangelhafter Futterqualität oder nach einer Umstellung oder bei einem sehr geringen Rohfaseranteil können eine zu geringe Aufnahme der lebenswichtigen Vitamine haben. Schlechte Futterverwerter, die trotz großer Futtermenge nicht an Gewicht zunehmen und deren Leistung sich nicht adäquat verhält, könnten von einer Zufütterung mit Vitamin B profitieren. Bei einem großen Anteil von Kraftfutter im Vergleich zum Raufutter kann bei Sportpferden eine Vitamin B1 Unterversorgung auftreten, der sich auf den Kohlenhydratstoffwechsel auswirkt. Über die Zufuhr von Vitamin B6 wird der Eiweißstoffwechsel beeinflusst. Ein großes Angebot an eiweißhaltigem Kraftfutter benötigt eine angemessene Versorgung mit Vitamin B6. Sportpferde, die erhöhtem Stress und einem häufigen Stallwechsel ausgesetzt sind, neigen zu einer größeren Infektanfälligkeit. Vitamin B2, das das Immunsystem ankurbelt, könnte in diesen Fällen in zu geringen Mengen verfügbar sein. Biotin ist an vielen Reaktionen im Kohlenhydrat-, Eiweißstoff- und Fettstoffwechsel beteiligt. Ein Mangel liegt selten vor. Die Auswirkungen zeigen sich am stärksten als Hufschäden. Erfahrungen bei Hufproblemen haben gezeigt, dass die Kombination von zusätzlichen Nährstoffen mit der Gabe von Biotin eine Verbesserung brachte, selbst, wenn kein Biotin Mangel nachweisbar war. Bei einem Folsäure Defizit sind die Bildung von roten Blutkörperchen und der Antikörper betroffen. Anämie (Blutarmut) und Leistungsschwächen sind die Folgen.
 

Legales Doping mit L-Lysin und Methionin?

Für die Bildung von Knorpel, Sehnen und Bänder wird die Aminosäure L-Lysin benötigt. Außerdem unterstützt es sie die Zellteilung, die Immunabwehr und den Aufbau der Muskulatur. Eine wesentliche Rolle spielt L-Lysin in der Produktion von Wachstumshormonen. Sie regen den Muskelaufbau und den Fettabbau an und beeinflussen die Zellealterung. Auf diese Weise bewirken sie in einer sehr effektiven Weise eine Leistungssteigerung. Die Gabe von Wachstumshormonen wird als Doping geahndet. Eine optimale Zusammensetzung bei der Ernährung, stellt die entsprechende Menge Lysin bereit und fördert die Bildung dieser Hormone auf legale Weise. Lysin ist eine essentielle (lebensnotwendige) Aminosäure, die der Körper nicht selbst herstellen kann. Sie muss deshalb mit der Nahrung aufgenommen werden. Die Getreideartenenthalten kaum Lysin. Sojaschrot hingegen ist reich an dieser Substanz.

Methionin ist eine Aminosäure, die Schwefel enthält und für die Energiebereitstellung von Bedeutung ist Es ist sowohl in die Immunabwehr als auch in die Bildung zahlreicher Hormone involviert. Eines der Hormone, das Noradrenalin, steigert den Antrieb und die Leistungsfähigkeit. Methionin stellt darüber hinaus den Baustoff des Muskeleiweißes dar und verbessert somit die Muskelbildung. An der Energiebereitstellung ist Carnitin beteiligt, dass das Fettsäuren in die Zelle schleust und aus Methionin synthetisiert wird. Damit sorgt es als Fatburner Molekül für den Umsatz überschüssiger Fette und Kohlenhydrate.

 

*(http://www.bfr.bund.de/cm/350/die-rolle-der-bioverfuegbarkeit-im-rahmen-der-risikobewertung-am-beispiel-spurenelemente.pdf)

© Care4vet.de - Monika Ahrens-Fischer