Wussten Sie, dass Ferkelkraut giftig sein kann?

Auf der Weide besteht immer wieder die Gefahr, dass Giftpflanzen auftreten, die unter anderem bei Pferden zu gesundheitlichen Beeinträchtigungen führen können. Im Extremfall kommen auch Todesfälle vor. Die Ursachen und Verläufe viele dieser Vergiftungen sind mittlerweile gut dokumentiert und können in der Regel auch gut behandelt werden.

In den letzten Jahren wird aber bei einzelnen weidenden Tieren immer häufiger eine mysteriöse Erkrankung beobachtet, die ursprünglich vor allem in Australien, Südamerika und Neuseeland vorkam. Diese neuartige Erkrankung äußert sich insbesondere in ungewöhnlichen Bewegungsstörungen. Sie verläuft in seltenen Fällen auch tödlich. Dabei wurde weiterhin festgestellt, dass diese geheimnisvollen Symptome immer im Zusammenhang mit einer ansonsten unscheinbaren und im Allgemeinen nicht als giftig, allerdings als Unkraut bekannten Pflanze auftreten, dem Gemeinen Ferkelkraut (Hypochaeris radicata).

Über diese Pflanze ist nur wenig bekannt. Bisher wurden auch dessen Inhaltsstoffe noch nicht näher untersucht. Außerdem stellt sich die Frage, warum gerade jetzt diese mysteriöse Erkrankung immer häufiger auftritt und welches Gift für die Symptome verantwortlich ist. Das konnte bis heute noch nicht abschließend geklärt werden. Aber es gibt Beobachtungen und bereits gewisse Erfahrungen, die auch zu Vermutungen zu den Ursachen der Symptome führen.

Welche Symptome können bei Pferden im Zusammenhang mit Hypochaeris radicata auftreten?

Auf Weiden mit einem relativ hohen Anteil an dieser Pflanze wurden folgende Vergiftungserscheinungen beobachtet:

- plötzliches Auftreten von Bewegungsstörungen ähnlich Hahnentritt
( Pferde reißen ruckartig ein Hinterbein, oder abwechselnd beide hoch )
- Ataxien
- röhrendes Wiehern der betroffenen Pferde

Die Pferde können dabei unter sehr starken Schmerzen leiden. Gelegentlich führt die Erkrankung in Folge auch zum Tod.

Was ist Hahnentritt?
Beim sogenannten Hahnentritt kommt es zum ruckartigen Hochziehen eines Hinterbeins oder beider Hinterbeine der Pferde im Stehen oder während der Schrittbewegung. Bei manchen Pferden tritt das Anziehen der Beine aus dem Stand heraus auf, bei anderen im Rahmen einer schnelleren Gangart.

Was sind Ataxien?
Bei Ataxien handelt es sich, vereinfacht ausgedrückt, um Koordinationsstörungen.

Was versteht man unter röhrendes Wiehern?
Wenn Kehlkopf oder Stimmnerv betroffen sind, hört sich das Wiehern wie Röhren an.

Ursachen der Vergiftung

Über die Ursache der Vergiftung ist kaum etwas bekannt. Den Symptomen nach zu urteilen, muss es sich um einen Giftstoff handeln, welcher das Nervensystem angreift. Allerdings ist bisher nichts über die Inhaltsstoffe von Hypochaeris radicata bekannt und daher natürlich auch nichts über das entsprechende Gift. Bekannt ist allerdings, dass die beschriebenen Symptome immer im Zusammenhang mit dem Auftreten dieser Pflanze stehen.

Prognose und Verlauf der Vergiftung

Im Allgemeinen handelt es sich dabei um relativ milde Symptome, die in den meisten Fällen auch langsam wieder verschwinden, wenn die Tiere eine Weile von der Weide genommen werden. Es sind aber auch schwere Verläufe bekannt. Die Heilung kann sich über einen sehr langen Zeitraum von mehreren Wochen bis mehreren Monaten erstrecken. Bei feuchter und kühler Witterung kommt es zudem häufig auch wieder zur Verschlechterung der Symptome. In Einzelfällen können die Bewegungstörungen aber auch lebenslang bestehen bleiben.

Behandlung der Bewegungsstörungen

Bisher gibt es keine kausalen Behandlungsmethoden, welche zur vollständigen Heilung von den Bewegungsstörungen führen könnten. Das bewerkstelligt der Organismus oftmals alleine. Diese natürliche Heilung kann mit bestimmten Behandlungsmaßnahmen jedoch unterstützt werden in der Hoffnung, dass die Selbstheilungskräfte des Körpers die Krankheit durch Regenerierung der Nervenfasern vollständig überwinden. Das gelingt in vielen Fällen, jedoch nicht in allen.

Folgende Behandlungsmaßnahmen sind erfolgversprechend:

- Erste Hilfe: Pferd entgiften, z.B. mit Homöopathie
- mehrmonatige Ruhe des Pferdes von der Arbeitsbelastung verbunden mit einem täglichen Weidegang
- Muskelentspannung mithilfe spezieller Medikamente
- Medikamente zur Nervenbetäubung im Lendenwirbelbereich
- Medikamente zur Krampflösung
- Gabe von Vitaminen des B-Komplexes
- alternative Behandlungsmethoden wie Homöopathie, Magnetfeldtherapie, Ozontherapie oder Akupunktur

Untersuchungen zu den Vergiftungen

Zu den Vergiftungen mit Ferkelkraut soll es laut VFD (1) eine Laboruntersuchung gegeben haben, die darauf hinweist, dass eindeutige Vergiftungserscheinungen erst bei der Aufnahme von 9,8 kg der Pflanze auftreten sollen. Dabei handelt es sich um eine sehr große Menge, welche die relative Häufigkeit der Vergiftungen nicht hinreichend erklären kann. Allerdings ist es möglich, dass die individuelle Reaktion des Tieres auf das Gift eine große Rolle spielt. Manche Tiere erkranken möglicherweise bereits bei einer geringeren Menge.

Was ist Ferkelkraut (Hypochaeris radicata) und wie sieht es aus?

Hypochaeris radicata ist eng mit dem Löwenzahn verwandt und sieht auch ähnlich aus. Es besitzt gelbe bis orangefarbene Blüten und blüht ungefähr von Anfang Juni bis Ende August. Im Unterschied zum Löwenzahn wächst das Gemeine Ferkelkraut auf den Weiden direkt auf dem Boden. Es diente früher häufig als Futter für Schweine. Daher rührt auch der Name. Nach den bisherigen Erkenntnissen scheint es vor allem für Pferde gelegentlich giftig zu sein.
 

gewoehnliches_Ferkelkraut

Copyright Bild: wikipedia.org

Hier findet man eine gute Sammlung verschiedener Bilder vom "Gewöhnlichen Ferkelkraut":
https://de.wikipedia.org/wiki/Gewöhnliches _Ferkelkraut

Warum nimmt die Häufigkeit der Vergiftungen mit Hypochaeris radicata zu?

Ferkelkraut findet im Zuge des Klimawandels immer bessere Lebensbedingungen in Europa. Die Pflanze bevorzugt trockene und kalkarme Böden. Das zunehmend trockene Klima begünstigt also dessen Wachstum. Außerdem gedeiht das Kraut auch auf stark abgegrasten Weiden, weil dadurch kaum Konkurrenzdruck herrscht.

Wie kann einer Vergiftung von Pferden mit Ferkelkraut vorgebeugt werden?

Da Hypochaeris radicata kalkarme, trockene und abgegraste Weiden bevorzugt, sollten die Böden vor der Beweidung mit Kalkdünger versetzt werden. Außerdem sollte darauf geachtet werden, dass die Tiere nicht zu lange auf einer abgegrasten Weide bleiben. Zur Verringerung der Gefahr einer Vergiftung mit Ferkelkraut ist außerdem eine regelmäßige Weidekontrolle ratsam. Dabei hilft allerdings das Entfernen der Blüten nicht. Eine effektive Methode besteht darin, die Pflanze tief auszustechen und sicher zu entsorgen. Wichtig ist auch, das Heu regelmäßig zu untersuchen.

Fazit

Ferkelkraut auf der Weide kann zu Vergiftungen der Pferde führen. Dabei kommt es zu Bewegungsstörungen, die sich in vielen Fällen jedoch mit Unterstützung allein zurückbilden können. In einigen Fällen bleiben allerdings gewisse Anomalien der Bewegung lebenslang zurück. Durch regelmäßige Weidekontrolle und einer kalkhaltigen Düngung kann die Wahrscheinlichkeit einer Vergiftung mit Hypochaeris radicata weitgehend ausgeschlossen werden.

Quellen:
(1) https://www.vfdnet.de/index.php/fahren-ausruestung/86-Uelzener/269-Vergiftungen-20-2F-20Hahnentritt-20durch-20Ferkelkraut-3F
(2) https://de.wikipedia.org/wiki/Gewöhnliches _Ferkelkraut